Regenguesse - vom Winde verweht - Weltumrundung (40'076.6km) und Ende der Welt erreicht
Die Landschaft im Chilenischen Seenland mit seinen glitzernden Seen am Fusse von schneebedeckten Vulkanen ist wunderbar. Gemuetliches Radeln ist ein Genuss hier. Schnell ist es Mitte Dezember und wir treffen unseren Neffen Andreas in Puerto Montt. Er begleitet uns die naechsten 2500 Radkilometer.
Mit dem Faehrboot erreichen wir Chalten, ein Staedtchen welches groesstenteils verschuettet wurde waehrend des letzten Vulkanausbruchs im Februar 2009. Schon sind wir also in Patagonien, und die Carretera Austral mit Landschaften und Aussichten vom Feinsten will erradelt werden. Auf dieser Strecke entlang des Pazifiks ist Regen das Thema Nr. 1. Am Tag des heilig Abend haben wir Glueck, der Himmel reisst auf und so koennen wir einen eindruecklichen Haengegletscher bestaunen. Kurz spaeter, bauen wir unsere Zelte an einem Fluss mit Aussicht auf einige imposante Wasserfaelle auf, knapp vor dem naechsten Regen. Eine heimelige Stimmung herrscht im Zelt und genuesslich verzehren wir zu einem heissen Kaffee die feinen Weihnachtsguetzli welche Andreas mitbrachte, gebacken von unseren Toechtern. So wird unser Leben selbst fernab der Heimat versuesst! Spaetabends stoppt der Regen, und so entfacht Andreas mit abgestorbenem Bambus das brennt wie Zunder ein weihnachtliches Lagerfeuer. Mitternachts beginnts so richtig zu schuetten, und am Weihnachtstag, an welchem das Zelt kaum verlassen wird, gibts erst abends einige trockene Stunden, sodass die im Wasser schwimmenden Schlafmatten getrocknet werden koennen. Der drauffolgende Tag ist nicht viel besser. Nass zusammen zu packen und dann im Regen zu strampeln ist bei diesen Temperaturen nicht mehr spassig. Auf den Abfahrten frieren fast die Finger ab. Deshalb uebernachten wir ein paar Mal in Hostals (Herbergen). Hier koennen wir uns aufwaermen und trockenen. Den Jahresanfang verschlafen wir nach einem anstrengenden Velotag und einem Glas Wein, und der 1. Tag des neuen Jahres ist ein typìsch Patagonischer; saemtliche Jahreszeiten innerhalb eines einzigen Tages mit Regen, Sonnenschein und Wind. Scheint die Sonne, sind dies jedoch unvergessliche Traumtage. Die Landschaft ist grossartig mit dem Regenwald, den riesigen Nalca Blaettern, eisgekroenten Bergen, glasklaren Baechen und Seen und tosenden Wasserfaellen.
Nach fast 1000 Kilometern Schotterpiste erreichen wir das Ende der Strasse in Villa O'Higgins in Chile. Nach einer Bootsueberfahrt muss eine anstrengende Strecke bewaeltigt werden (ein eigentlicher Wanderweg) ueber Stock und Stein, durch Sumpf und tief eingegrabene Pfade schieben, zerren und schultern wir Raeder und Gepaeck ueber einen Huegel ueber die Grenze nach El Chalten in Argentinien.
Eine unternommene Wanderung an den Fuss des Cerro Torre und Fitzroy Massivs beschert uns Muskelkater und laesst uns staunen beim Gedanken, dass diese senkrechten Waende erkletterbar sind, wenn auch nur fuer absolute Spitzenkletterer.
Vom Rueckenwind lassen wir uns gen Sueden schieben. Zusammen mit Christine (CH) und Wayne (Aus) die sich beim Velofahren gefunden haben und bald in Australien heiraten werden, fahren wir ein Stueck des Weges und besuchen den eindruecklichen Perito Moreno Gletscher.. Mit seinen 30 km Laenge, 5 km Breite und 60 m Hoehe gehoert dieser Eisstrom, welcher sich taeglich um einen Meter vorschiebt, zum suedlichen Eismeer, dem riesigen kontinentalen Gletschergebiet. Ein eindrueckliches Schauspiel bieten die in allen Blautoenen leuchtenden Eistuerme, wenn diese in den Lago Argentino donnern und Fontaenen hochspritzen lassen.
War auf der Chilenischen Seite der Regen das Thema, ist es auf der Argentinischen Seite der Wind. Was heisst Wind - Stuerme! Gestattet es der boeige Seitenwind zu fahren, so driften wir manchmal ab auf die andere Strassenseite. Gefaehrlich auch auf verkehrsarmen Strassen. Es kommt auch vor, dass ein Radfahren bei Gegen- und Seitenwind auf Asphalt und flachem Gelaende nicht mehr moeglich ist. So muessen wir gegen den boeigen Wind anschieben, kaempfen uns z.B. in 2 Std. um 7 km vor. Fuer mich (Margrit) ist dies ueberhaupt nur moeglich weil ich mich im Windschatten von Andreas und Pius verstecken kann. Sonst haette ich trotz aller Kraftanstrengung keine Chance das Velo zu halten.
Der Besuch im Nationalpark Torres del Paine, Chile, beschert uns wieder Regen und oberhalb 300m Schnee. So belassen wir es bei einer 1-Tages Wanderung zum Aussichtspunkt des Torres, was jedoch sehr eindruecklich ist.
Die Ueberfahrt ueber die oft windumtoste Magellanstrasse nach Feuerland (Tierra del Fuego) fand bei schoenstem Wetter statt. Ferdinand Magellanes entdeckte im Oktober 1520 als erster Europaer diese Durchfahrt vom Atlantik zum Pazifik und Schein der Lagerfeuer der Ureinwohner gab der Inselgruppe den Namen. Abends campierten wir zusammen mit einem anderen Schweizer Radfahrer an einem See mit vielen Wasservoeglen, wie Schwarzhals Schwaenen, Gaensen und Flamingos. Die Temperaturen sinken weiterhin je mehr wir nach Sueden Richtung Antarktika reisen. Im Zelt herrschen etwa 1-3 Grad nachts und tagsueber etwa 8-12 Grad. Die Landschaft im Norden ist steppenhaft, im Sueden ueberrascht uns der schoene subpolare Regenwald mit knorrigen Suedbuchen, behangen mit Bart. Vor dem Garibaldipass haben wir die Kilometerzahl des Weltumfangs (40076.6km) erreicht - gekurbelt aus eigener Muskelkraft. Was durften wir nicht alles sehen und erleben in den letzten 3 Jahren!
30 Kilometer vor Ushuaia, Argentinien, erwischt uns nochmals eine Regenfront. Tropfnass, doch mit einem breiten Grinsen da wir uns freuen dieses Ziel erreicht zu haben, radeln wir drei in der Stadt ein, dem sogenannten Ende der Welt rep. Ende der Strasse.
Von Puerto Natales aus besteigen wir das Schiff durch Inseln und Fijorde bis Puerto Montt, zurueck zum Ausgangspunkt unserer Patagonienreise. Ueber Bariloche, wo wir uns von Andreas werden trennen muessen, wollen wir quer durch die Pampa nach der Hauptstadt Argentiniens, Buenos Aires, radeln.
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